Idylle

Idylle
Idyll [i'dʏl], das; -s, -e, Idyl|le [i'dʏlə], die; -, -n:
Bereich, Zustand eines friedlichen und einfachen Lebens in meist ländlicher Einsamkeit:
ein dörfliches Idyll; die Idylle ist bedroht.

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Idỵl|le 〈f. 19
1. 〈Lit.〉 lyrisch-dramatische od. lyrisch-epische Dichtung, die den ländl. Frieden, das beschauliche Leben einfacher, natürlicher Menschen schildert, Hirten-, Schäferdichtung
2. = Idyll

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Idỵl|le, die; -, -n:
1. (Literaturwiss.) Schilderung eines Idylls, bes. von Hirten- u. Schäferszenen, in lyrischer u. epischer Dichtung u. in der Malerei:
die -n Theokrits, des Rokokos.
2. Idyll:
eine bürgerliche I.

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Idỵlle
 
die, -/-n,  
 1) allgemein: das Idyllische
 
 2) bildende Kunst: die idealisierte Darstellung harmonischer menschlicher Existenz in der Natur, bevorzugt als Schäfer- und Hirtenszene. Idyllische Züge weisen bereits Werke des Hellenismus, der frühchristlichen Kunst und des Mittelalters auf. Besonders verbreitet waren idyllische Motive in der Malerei der Renaissance (Giorgione), v. a. aber im 17. und 18. Jahrhundert, ausgehend von C. Lorrain und N. Poussin. Die Idyllen des Rokoko sind in der Malerei (A. J. Watteau, F. Boucher, B. Piazzetta, N. Grund) wie in der Porzellanplastik (J. J. Kändler, F. A. Bustelli) höfisch bestimmt. In reinerer Form wurde sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von S. Gessner gestaltet. Im 19. Jahrhundert klingt die Idylle an in den italienischen Landschaften der deutschen Romantiker, bei L. Richter, M. von Schwind, C. Spitzweg und H. Thoma. Idyllische Züge lassen sich auch in Werken der Impressionisten und Expressionisten nachweisen.
 
 
K. Bernhard: I. Theorie, Gesch., Darst. in der Malerei 1750-1850 (1977).
 
 3) Dichtung: griechisch Eidỵllion, im weiteren Sinn jede räumlich-ausschnitthafte dichterische Darstellung beschaulich-unschuldsvoller Szenen; im engeren Sinn eine literarische Gattung zwischen Lyrik und Epik in der Nachfolge der Gedichte Theokrits, die mit Darstellungen des Land- und Hirtenlebens Bilder eines harmonischen Daseins vermittelten. Nach Theokrits berühmtesten Beispielen und im Anschluss an Vergils »Bucolica« wurde der Begriff der Idylle seit der Renaissance synonym mit Ekloge und Hirten- oder Schäferdichtung gebraucht. In der Neuzeit erfuhr die Gattung immer wieder thematische Erweiterungen. Quellen der deutschen Idyllendichtung waren zunächst neben Theokrit und Vergil v. a. Horaz und Ovid, auch die biblische Verheißung des Paradieses, die Patriarchengeschichten und die Prophetenworte des Jesaja mit ihrer Nähe zum griechisch-römischen Mythos vom goldenen Zeitalter, schließlich die Schäferdichtung der neulateinischen Humanisten. Die Dichter des Barock (z. B. M. Opitz, G. R. Weckherlin, D. Czepko und der Nürnberger Dichterkreis) schufen sowohl eine weltlich-gesellschaftliche wie auch religiöse Schäferdichtung. Während die geistliche Idylle (F. Spee von Langenfeld) mit dem Barock zu Ende ging, wurde die weltzugewandte, zum Teil erotische Idyllendichtung im 18. Jahrhundert fortgesetzt (C. Wernicke, J. C. Gottsched). Sie führte zur galanten und anakreontischen Idylle des Rokoko, zu F. von Hagedorn, C. F. Gellert und dem jungen Goethe (»Die Laune der Verliebten«, entstanden 1767/68, gedruckt 1806). Eine zweite Linie der Idylle wurde seit dem Ende des Barock (F. von Canitz) durch Hinwendung zu Natur und Ländlichkeit bestimmt. Wichtigste Vertreter dieser Richtung sind B. H. Brockes, J. F. W. Zachariae, A. von Haller und E. C. von Kleist. Sie beeinflussten S. Gessner (»Idyllen«, 1756), den berühmtesten Vertreter der Idyllendichtung der Empfindsamkeit. Goethe gestaltete die Idylle zunehmend als Ausdruck notwendiger Entsagung angesichts der bedrohlichen Zerrissenheit der Geschichte (»Hermann und Dorothea«, 1797). Schiller (»Das Ideal und das Leben«, 1795) postuliert das Idyllische als Darstellung einer mündigen, mit Kultur und Natur versöhnten Menschheit der Zukunft. Demgegenüber führte die Betonung gegenwärtiger Wirklichkeit bei Maler Müller (»Die Schafschur«, 1775; »Das Nußkernen«, 1811) zu bewusster Irrationalisierung der Natur, bei J. H. Voss zur sozialkritischen Antiidylle (»Luise«, 1795) und bei J. P. Hebel zur ironisch moralisierenden »Verbauerung«. In der Romantik lebte die Idylle nur vereinzelt fort, als bewusst eingesetztes Gestaltungsmoment: märchenhaft bei L. Tieck, grotesk-kontrastierend bei E. T. A. Hoffmann. Bei E. Mörike näherte sich die Idylle (»Idylle vom Bodensee«, 1846) dem Dinggedicht, während im 20. Jahrhundert mit T. Manns »Herr und Hund« (1919) der Weg zur Selbstparodie eingeschlagen wurde.
 
 
R. Böschenstein-Schäfer: I. (21977);
 G. Hämmerling: Die I. von Geßner bis Voß (1981).

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Idỵl|le, die; -, -n: 1. (Literaturw.) Schilderung eines Idylls, bes. von Hirten- u. Schäferszenen, in lyrischer u. epischer Dichtung u. in der Malerei: die -n Theokrits, des Rokokos; Selbst Dios zauberhafte euböische I. aus der Kaiserzeit zeigt uns nur, was hellenische Dichtung noch in der Spätzeit an graziöser ... Poesie zustande bringen konnte (Thieß, Reich 365); das Stück Hartog-Rosemarie falsch, nämlich als I. zu inszenieren (Kuby, Rosemarie 46). 2. Idyll: Die Eremitage ist eine I., aber eine bürgerliche I., auf den Plätzen und in den Alleen des Parkes stehen Nachbildungen antiker Statuen (Koeppen, Rußland 100); Durch den Rummel ging die I. des ... Emmentaler Dörfchens weitgehend verloren (Bund 11. 10. 83, 17); wie realitätsflüchtige Aufforderungen zur Rückkehr in die verlorene I. (Hofstätter, Gruppendynamik 42); Es gibt kein Zurück ins Jahrhundert der abgeschotteten Nationalstaaten, kein Zurück in die sozialstaatliche I. der Nachkriegszeit (SZ 22.12. 98, 13).

Universal-Lexikon. 2012.

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